Prince, Dortmund, 1988

Konzert: Prince

Ort: Dortmund, Westfalenhalle

Datum: 08.09.1988

Dauer: 120 Min.

Zuschauer: 16.500 ausverkauft

Konzertbericht

Die tausenden Prince-"Berichte" in  den sozialen Medien werden noch unzählige Anekdoten und vermeintliche Skandale ans Licht bringen. Wir beim Konzerttagebuch beschränken uns auf unsere Kernkompetenz: Konzertberichte. 

Drei Konzerte von Prince, jeweils in der Westfalenhalle (die vor der Lanxess-Arena in Köln das Maß aller Dinge in Deutschland war), durfte ich erleben. Zwei davon sind in meiner Erinnerung verblasst. 1990 gestaltete sich knapp und etwas lustlos, 1992 war die Setlist schon fast von allen Hits befreit und die Show nicht mehr überraschend. 

Die Nacht der Nächte war für mich die Lovesexy-Tour 1988. Die Halle, früher wurde natürlich geraucht und die Klimaanlage der Westfalenhalle bestand aus einer sich öffnenden Dachluke, dampfte schon beim Betreten und platzte aus allen Nähten.

Soweit ich mich erinnere, war ein weißer Dresscode gewünscht und die Stunden vor der Show bestanden aus einer Dauerschleife entnervender Andreas Vollenweider ??!! CD`s (bitte nicht Googlen, es handelte sich um Harfenmusik). Das ganze Szenario des Aufbaus aber wäre heute noch spektakulär. 

Eine damals neuartige, runde Bühne in der Mitte der Halle, ein Künstler der sie mit einer Limousine  umkreist und dann aussteigt, starten das Konzert.

Auf der Bühne befindet sich der Nachbau einer abstrusen Mischung aus Kinderzimmer, Vorstadt-Slum und weiteren ungewöhnlichen Dingen wie einem echten Basketballkorb, die alle während der nun mehr als zwei folgenden Stunden einen festen Platz in der Show haben sollten.

Das eigentlich Wahnsinnige aber war aber die Mischung aus völliger Perfektion und gleichzeitiger Spontanität. Prince spielte zwei Abende hintereinander, und obwohl es sich um eine Fernsehaufzeichnung für den damals noch kaum empfangbaren Spartensender SAT.1 handelte , variierte die Setlist nicht unerheblich.

Die unzähligen Musiker und Tänzer trollten in diversen Fantasiekostümen über die Bühne, vom manischem OP-Arzt bis zum Cowgirl. Dazu natürlich heute unvorstellbare 80er Jahre Outfits und Frisuren, aber so ist das eben, wenn man sich modisch weit aus dem Fenster lehnt.

Das alles geriet aber schnell zur Nebensache, spätestens mit "Housequake", dem zweiten Song, tobt die Halle. Alle Sinne sind überfordert von soviel Kreativität und Spielfreude. Fast keine musikalische Spielart wird ausgelassen. Rock, Pop, Soul, Funk, Musical, Gospel und beginnender Hip-Hop werden in einer Mash-UP Performance zu einem endlosen Jam vereint.

Wer schon vor der Pause Songs wie "Little Red Corvette" und "Controversy" spielt, sollte sich das gut überlegen. Doch auch dies ist alles nur der Teaser für den weiteren Verlauf des Abends.

Prince gibt den Lover, den Dandy, den Rocker und den Tänzer. Keine Sekunde steht er still, wechselt Kostüme, Songs und Musiker im Minutentakt. Er spielt die Gitarre mit einer Leichtigkeit als würde dies neben seinem Tanzen, Singen und Schauspielern überhaupt keinen Gedanken kosten. Dazu immer das Publikum fest im Auge: Er zwinkert, kokettiert und hält sich immer wieder lachend die Hand ans Ohr um die Halle noch mehr in Rage zu bringen. 

"The Cross" (ein fast vergessenes Highlight) gerät zum Triumph, Sheila E trommelt wie ein Derwisch und bei vollem Saallicht wird Prince mit seiner markanten, blauen Gitarre eins mit der Halle. Mittlerweile sind ca.20 Stücke gespielt, "Kiss" folgt und als alle mit einem "normalen" Zugabenteil rechnen, setzt sich Prince ans Klavier und macht die Mehrzweckhalle auch noch zum Jazz-Club. 

Fast 20 Jahre sollten vergehen, bevor Prince dieses wunderschöne Konzept wieder aufgreift und auf seiner letzten Tournee wieder solo am Piano zu sehen war. Hier spielt er ein Medley das unter anderem "Raspberry Beret" enthält. 

In der zweiten Zugabe folgen dann die größten Hits, alle hintereinander. Eine völlig wahnsinnige Version von "Let`s go crazy", "When doves cry", "Purple Rain" und "1999". Danach noch "Alphabet St." und ich taumele aus der Halle in der es von der Decke zu tropfen scheint. 

Vieles danach war zu viel Show oder hatte zu wenige Hits, jeder hatte in den nächsten Jahren eine  andere Vorstellung von einer guten "Prince" Show. Es folgten der "Slave"-Schriftzug, TAFKAP, Las Vegas Shows und hart erkaufte künstlerische Freiheit. Bei der "Lovesexy" Tour aber hatte man den Eindruck, das diese seinem Anspruch an eine  perfekte Show am nähesten kam.


Dieser Artikel erschien zuerst im Konzerttagebuch (Mein Zuhause. Mein Blog). Das Konzerttagebuch umfasst ca. 4000 Live Konzert- und Festivalberichte.